Jeder dritte Urlauber sucht kirchliche Angebote

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Jeder dritte Urlauber sucht kirchliche Angebote

Dithmarschen - Offene Kirchen und kirchliche Veranstaltungen sind für Touristen wichtige Angebote: Mehr als ein Drittel (36 Prozent) der Deutschen haben in ihrem jüngsten Urlaub kirchlich organisierte Angebote genutzt. In den Gotteshäusern suchen die Gäste vor allem Erholung und Stille, interessieren sich aber auch für Gottesdienste und Konzerte. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage im Rahmen eines Projektes des Instituts für Management und Tourismus der Fachhochschule Westküste und des Kirchenkreises Dithmarschen.  

Ein zentrales Ergebnis: Der Trend zur Entschleunigung im Urlaub („Slow Tourism“) spielt eine immer wichtigere Rolle. Insgesamt 44,5 Prozent der Befragten war es „wichtig“ oder „sehr wichtig“, dass es im Urlaub deutlich langsamer als im Alltag zugeht. Im Jahr 2012 waren es noch 30 Prozent. In der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen nutzt sogar mehr als die Hälfte die schönsten Wochen des Jahres zur Entschleunigung. „Der Slow-Trend wächst weiter“, so Prof. Dr. Christian Antz (FH Westküste), der einzige Hochschullehrer Deutschlands für „Slow Tourism“. „Deutschland als Heimattourismus, Kurzurlaube, Tagesreisen und nachhaltige Mobilitätsformen (Zug, Fahrrad, Wandern) liegen schon seit Jahren im Trend. Gerade durch das Innehalten und In-sich-gehen der Menschen während der Corona-Pandemie wird sich in Deutschland die Wirtschaft in Richtung Work-Life-Balance und der Tourismus in Richtung Slow Tourism sicherlich weiter verstetigen. Daran können auch die Kirchen mit ihren spirituellen Angeboten und Traditionen partizipieren.“  

„Wir haben als Kirche eine Menge zu bieten“, sagt Ulrich Schmidt, Leiter der Fachstelle Kirche und Tourismus der Nordkirche. „Neben Veranstaltungen wie ‚Atempausen am Meer zum Sonnenuntergang‘ laden historische Seefahrerfriedhöfe und Bibelgärten zum Besuch ein“. Dithmarschens stellvertretende Pröpstin Astrid Buchin ergänzt: „Viele Gemeinden in unserem Kirchenkreis und natürlich unsere Urlauberseelsorge haben sich bereits auf Gäste eingestellt und unterbreiten ihnen tolle Angebote. Die Umfrageergebnisse zeigen aber auch, dass wir das Potenzial noch nicht ausgeschöpft haben.“ So kommen die Informationen über Angebote der Kirchengemeinden bei Urlaubern bislang nicht immer an, wie die Umfrage ergab. Internet und Social Media sind mögliche Informationskanäle, die meisten Urlauber aber möchten die Informationen vor Ort erhalten, am liebsten in analoger Form – beispielsweise durch Flyer und Plakate.  

Urlauber mit Interesse an kirchennahen Angeboten sind zum Großteil 44 Jahre alt und jünger. „Analysen, wie beispielsweise die letzte Shell-Jugendstudie zeigen, dass Touristiker wie kirchliche Vertreter oftmals dem Trugschluss aufsitzen, spirituelle, sinnorientierte und sinnliche Urlaubsformen würden nur von der älteren Generation nachgefragt“, so der Tourismusexperte Christian Antz. „Die nachwachsenden Reisenden der Generation z (geboren ab 2000) folgen nicht mehr uneingeschränkt dem Schema des Erlebnistourismus; deshalb verlangen sie auch andere Ansprachen und Instrumentarien.“ Astrid Buchin ergänzt: „Natur und Ruhe, Kultur und Entschleunigung – kaum eine Region bietet so viele gute Gelegenheiten, um den Alltagsstress abzubauen. Als Kirche in Dithmarschen wollen wir diese nachhaltige Form des Tourismus unterstützen. Unsere schönen alten Kirchen sind nicht nur historische Denkmäler, sie laden auch zum Innehalten, zu Stille oder Gebet ein. Und die Angebote für Familien oder Kulturinteressierte sind immer auch offen für alle Urlauber.“  

Geplant ist eine weitere enge Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Westküste, um Akteurinnen und Akteure aus Kirche und Tourismus zusammenzubringen und mögliche gemeinsame Projekte und Angebote zu entwickeln. So ist u.a. ein Webinar mit Bischof Gothart Magaard (Schleswig) und Prof. Dr. Christian Antz (FH Westküste) über die Ergebnisse der Befragung in Vorbereitung. Hier wird über Erwartungen der Menschen im Urlaub und die Möglichkeiten der evangelischen Kirche diskutiert werden.    

Die Befragung unter 1000 Deutschen zwischen 16 und 75 Jahren wurde im September 2019 durchgeführt. Dabei ging es um Bekanntheit aktueller Tourismustrends und das Interesse bzw. die Nutzung kirchlicher Angebote. Ursprünglich sollten die Umfrageergebnisse auf einem Fachtag im April in Büsum vorgestellt werden: Eine Arbeitsgruppe aus kirchlichen VertreterInnen und Mitarbeitenden der Fachhochschule Westküste hatte aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums der Urlauberseelsorge des Kirchenkreises eine Tagesveranstaltung geplant, die dann leider abgesagt werden musste.


Das Institut für Management und Tourismus (IMT) wurde im Juni 2006 als In-Institut der Fachhochschule Westküste gegründet. Unter dem Dach des Instituts werden die Hochschulaktivitäten in der angewandten Tourismusforschung sowie im Wissenstransfer gebündelt und miteinander vernetzt. Im IMT ist unter der Leitung des Direktors Prof. Dr. Bernd Eisenstein ein interdisziplinär zusammengesetztes Team aus festen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und projektbezogen Beschäftigten tätig.  

Der Kirchenkreis Dithmarschen ist mit rund 80.000 Mitgliedern der kleinste der insgesamt 13 Kirchenkreise der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland (Nordkirche). Rund 2500 ehren- und mehr als 1200 hauptamtliche Mitarbeitende engagieren sich in 29 Kirchengemeinden und zahlreichen Einrichtungen zwischen Eider und Elbe. Zu den übergemeindlichen Einrichtungen und Angeboten gehört die Urlauberseelsorge in Büsum.

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